Volker Wieland rät zum zügigen Abbau der EZB-Bilanz (Stuttgarter Zeitung, FAZ)

Vor allem in Zeiten hoher Inflation sollte ein zügiger Abbau der Notenbankbilanz der Europäischen Zentralbank (EZB) Priorität haben. Dies bekräftigte Prof. Volker Wieland im Gespräch mit der "Stuttgarter Zeitung" und der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ).

Die Zinswende der Europäischen Zentralbank (EZB) ist bei der Mehrheit der Sparer noch nicht angekommen; Kreditinstitute hingegen erhalten für ihre Einlagen bei der EZB derzeit einen Zinssatz von 2,5 Prozent. Die "Stuttgarter Zeitung" greift in diesem Zusammenhang einen Vorschlag des belgischen Ökonomen Paul der Grauwe auf, wonach die Mindestreserve bei der EZB erhöht werden sollte, ohne sie zu verzinsen. Wieland zfolge würde dies eine extreme Veränderung des Finanzsystems bedeuten.

Derzeit sei die Mindestreserve nur ein sehr kleiner Teil der Reserven des Bankensystems bei der Notenbank, erläuterte er im Gespräch mit der "Stuttgarter Zeitung". Aufgebläht sei die Bilanz der EZB aufgrund der hohen Wertpapierkäufe; die EZB halte je nach Staat zwischen 25 und 45 Prozent der öffentlichen Verschuldung. Eine Erhöhung der Mindestreserve ohne Verzinsung läuft laut Wieland darauf hinaus, „eine Staatsfinanzierung zu null Prozent in großem Stil zu erzwingen, um den Zins, den die Regierungen sonst am Markt zahlen müssten, zu vermeiden.“ Stattdessen plädiert Wieland dafür, "in Zeiten hoher Inflation die Anleihebestände zügig zu reduzieren“, wie er auch im Gespräch mit der FAZ unterstrich.

Zudem könnte die EZB jetzt diverse Anlagen wie das Unternehmensanleihe-Portfolio verkaufen, so Wieland gegenüber der FAZ. "Zu einem späteren Zeitpunkt könnte die Notenbank dann auch Staatsanleihen verkaufen."

Seit Anfang März lässt die EZB Anleihen aus ihrem Bestand im Umfang von monatlich 15 Milliarden Euro auslaufen. Diese Regelung ist zunächst bis Ende Juni befristet. Die EZB-Bilanz nahm bis Ende 2022 auf 699 Milliarden Euro zu. Bislang geht es nur um einen Teil der auslaufenden Anleihen aus dem älteren Kaufprogramm APP (Asset Purchase Programme). Im zweiten Quartal dieses Jahres will der EZB-Rat das Tempo des Abbaus des APP-Portfolios dann überprüfen.

Stuttgarter Zeitung: "Ärger um Übergewinne der Banken"

FAZ: "Jetzt beginnt die EZB eine Billionen-Bewegung" (€)

(Die Zitate umfassen auch Hintergrund-Informationen, die über die in der "Stuttgarter Zeitung" und "FAZ" erschienenen Äußerungen hinausgehen)