Volker Wieland über die Rolle der Notenbanken und die Inflationsentwicklung im Fidelity-Podcast

"Das höchste Gut einer Notenbank ist ihre Glaubwürdigkeit". Im Fidelity-Podcast erläutert Prof. Volker Wieland, welche Rolle die Glaubwürdigkeit einer Notenbank bei der Inflationsbekämpfung spielt, was die Europäische Zentralbank (EZB) in Zuge der Coronakrise hätte anders machen können und auf welche Faktoren die Inflation langfristig beeinflussen. Darüber hinaus geht er auf die Unterschiede zwischen der EZB und der amerikanischen Notenbank Fed ein und erklärt die sogenannte Orphanides-Wieland-Regel.

"Sehr viel Spielraum hat die EZB nicht, was Zinserhöhungen betrifft", sagte Wieland im Gespräch mit Fidelity-Kapitalmarktstrategen Carsten Roemheld. Die Nachfrage sei jedoch immer noch hoch. Wieland zufolge sollte die EZB auch nach den jüngsten Bankenturbulenzen Anfang März weiter die Zinsen erhöhen. "Zunächst geht es darum, die Inflation zu bekämpfen, und die Inflation ist immer noch sehr, sehr hoch. Auch wenn sie etwas zurückgeht, ist sie bei 8,5 Prozent noch meilenweit entfern vom Ziel."

In den Jahren 2021 und 2022 habe die EZB zu lange gezögert, die Zinsen anzuheben. "Man hat unterschätzt, wie inflationär die sehr expansive Fiskalpolitik, also die vielen Stützungsmaßnahmen in der Coronakrise, verbunden mit dem massiven Aufkauf von Staatsanleihen durch die Notenbanken, also der Monetarisierung dieser Schulden, wirken kann." Wieland zufolge hätte die EZB schon mindestens sechs Monate früher mit den Zinszyklus starten können.

Was die Inflationserwartungen betrifft, zeigt sich Wieland pessimistischer als die aktuellen Einschätzungen an den Finanzmärkten, wo für 2025 wieder eine Inflationsrate nahe 2 Prozent erwartet wird. "Da müsste der Realzins jetzt schon positiv sein", so Wieland.

Langfristig sei durchaus eine Phase höherer Inflationsraten möglich, sagte Wieland und verwies auf zahlreiche Faktoren, die die Preise nach oben treiben wie die Umbrüche in der Globalisierung, der demographische Wandel und die Klimapolitik.

Generell setzt Wieland in der Inflationsbekämpfung auf den Einsatz von Regeln. "Eine Notenbank sollte systematisch auf das Geschehen in der Wirtschaft reagieren". Zusammen mit Athanasios Orphanides hat er die Orphanides-Wieland-Regel entwickelt. Diese Zinsänderungsregel besagt, dass der Leitzins angehoben werden sollte, wenn die prognostizierte Zinsentwicklung über dem Zielwert und die Wachstumsprognose über dem Potentialwachstum liegt und umgekehrt. Gemeinsam haben Orphanides und Wieland die Zinsregel auf den Euroraum angewandt.

Fidelity-Podcast mit Prof. Volker Wieland: "Die Rolle der Zentralbanken"