2024


25.03.2024
IMFS Policy Talk with Tobias Linzert, European Central Bank
"The New Operational Framework of the ECB"
Discussant: Jens Eisenschmidt, Morgan Stanley

20.02.2024
IMFS Policy Lecture mit Prof. Dr. Veronika Grimm
"Wachstumsschwäche überwinden - In die Zukunft investieren"

Die Lage der deutschen Wirtschaft stimmt nicht hoffnungsfroh. „Es ist davon auszugehen, dass wir in diesem Jahr eine Stagnation erleben“, sagte Prof. Veronika Grimm, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaften Entwicklung, bei der IMFS Policy Lecture am 20. Februar. Doch auch längerfristig drohe Deutschland eine Wachstumsschwäche. Wie sich diese überwinden lässt und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen, erläuterte Grimm in ihrem Vortrag.

Das Potenzialwachstum befindet sich auf historischem Tiefstand, wie die Ökonomin ausführte. Notwendig sei daher eine Steigerung der Arbeitsproduktivität. „Durch die demographische Entwicklung, nämlich den Renteneintritt der Babyboomer-Generationen, sinkt das Arbeitsvolumen deutlich, und das trägt negativ zur Entwicklung des Produktionspotenzials bei.“ Anzusetzen sei bei Investitionen und Innovationen. „Wenn die Investitionen auf dem gleichen Niveau bleiben, würden wir etwa 0,4 Prozent pro Jahr wachsen. Das ist natürlich wenig im Vergleich zu ungefähr dem dreifachen Wachstum, das wir in den 2010er-Jahren realisiert haben.“

Auch Migration könnte das Arbeitsvolumen stützen. Doch es sei unrealistisch, so stark auf Migration zu setzen, dass dies allein den Rückgang auffangen könnte. „Bei der Integration in den Arbeitsmarkt müssen wir besser werden“. Im Gutachten verweisen die Mitglieder des Sachverständigenrats auch darauf, die Erwerbsbeteiligung von Frauen zu steigern. Denn Frauen arbeiten häufiger in Teilzeit – egal, ob sie Kinder hätten oder nicht, so Grimm. Bessere Kinderbetreuung, eine Anpassung des Ehegattensplittings und größere Wertschätzung von in Vollzeit arbeitenden Müttern sind Grimm zufolge entscheidende Faktoren, um eine höhere Zahl von Arbeitsstunden für Frauen attraktiver zu machen.

Darüber hinaus befürwortet der Sachverständigenrat eine Grundsicherungsreform, die höhere Arbeitsanreize schafft und Transferentzugsraten verringert „Das System ist sehr schwer zu durchblicken“. Notwendig ist eine Reform auch bei der Alterssicherung. Aus Sicht des Sachverständigenrats wäre hier eine Anpassung des Renteneintrittsalters an die fernere Lebenserwartung angebracht, kombiniert mit der Anpassung des Nachhaltigkeitsfaktors und der Anpassung von Bestandsrenten an das Inflationsniveau statt an das Lohnniveau. Die Bestandsrenten steigen dann in normalen Zeiten nicht so stark wie die Löhne.

Dabei wendete sich Grimm gegen den Vorschlag des Sachverständigenrats, innerhalb der gesetzlichen Rentenversicherung umzuverteilen. Denn in der gesetzlichen Rentenversicherung seien längst nicht alle leistungsfähigen Personengruppen wie etwa Selbständige und Beamte integriert, gab Grimm zu bedenken.

Die stärkere Einbeziehung von Frauen sowie Zuwanderung reichen jedoch nicht aus, um Wachstumshemmnisse zu beseitigen. Investitionen sollten den Strukturwandel unterstützen. Dabei geschehe einiges von selbst. „Es werden immer mehr Unternehmen Arbeit durch Kapitalgüter ersetzen.“ Mikrodaten zeigen, dass Automatisierung besonders gut in der Automobilbranche, in der chemischen oder pharmazeutischen Industrie möglich sei. So würden Arbeitskräfte frei, um in anderen Branchen tätig zu sein. Hier sieht Grimm die Politik gefragt, um über entsprechende Weiterbildungen und Umschulungen neue Chancen für Arbeitnehmer zu schaffen. „Bisher gab es Weiterbildung eher innerhalb von Unternehmen.“

Hinsichtlich des technischen Fortschritts, der mit Investitionen einhergeht, sei es zudem wichtig, sich auf Bereiche zu konzentrieren, wo der Produktivitätsfortschritt höher sei, wenn investiert werde. Andererseits seien Wachstumspotenziale durch Phänomene wie Künstliche Intelligenz nur sehr schwer zu prognostizieren. Ein Blick zurück zeige, „dass die Digitalisierung gar nicht so viel Wachstum gebracht hat.“

Bei der grünen Transformation appellierte Grimm, globaler zu denken. Innerhalb der EU könne die zusätzliche Erzeugung von Wasserstoff den Strompreis sonst in die Höhe treiben. „Es gibt weltweit viel mehr Staaten, die zu günstigen Konditionen Wasserstoff produzieren und uns dann Derivate verkaufen können, als Staaten, die fossile Energieträger verkaufen.“ Diesen Wettbewerb sollte sich die deutsche Wirtschaft gemeinsam mit den europäischen Partnern zunutze machen, wenn es darum geht, energieintensive Vorprodukte zu ersetzen.

***

The state of the German economy does not inspire hope. "It can be assumed that we will experience stagnation this year," said Prof. Veronika Grimm, member of the German Council of Economic Experts, at the IMFS Policy Lecture on February 20. However, there is also a threat of weak growth in Germany in the longer term. In her lecture, Grimm explained how this can be overcome and which factors play a role in this.

Potential growth is at a historic low, as Grimm explained. An increase in labor productivity is therefore necessary. "Demographic trends, namely the retirement of the baby boomer generations, are causing a significant drop in the volume of work, which is having a negative impact on the development of production potential." Investment and innovation are the starting points. "If nothing happens in terms of investment, we would grow by around 0.4 percent per year. That is of course little compared to the roughly threefold growth we achieved in the 2010s."

Migration could also support the volume of work. However, it is unrealistic to rely so heavily on migration that this alone could offset the decline."We need to improve integration into the labor market".In the report, the members of the Expert Council therefore also refer to increasing the participation of women in the workforce. This is because women are more likely to work part-time - regardless of whether they have children or not, according to Grimm. In her view, better childcare, an adjustment to the splitting income taxation for spouses and greater appreciation of mothers working full-time are decisive factors in making a higher number of working hours more attractive.

In addition, the Council of Experts advocates a reform of the basic income support system that creates greater incentives to work and reduces transfer withdrawal rates "The system is very difficult to understand". A reform is also necessary for old-age provision. According to the annual report of the  German Council of Economic Experts, it would be appropriate to adjust the retirement age to reflect longer life expectancy, combined with the adjustment of the sustainability factor and the adjustment of existing pensions to the inflation level instead of the wage level. In normal times, existing pensions would then not rise as much as wages. However, Grimm opposed the Expert Council's proposal to redistribute within the statutory pension insurance scheme. As she pointed out, not all capable groups of people, such as the self-employed and civil servants, are integrated into the statutory pension insurance scheme.

Nevertheless, greater inclusion of women and immigration are not enough to remove obstacles to growth. Investments should support structural change.Some of this would happen by itself. "More and more companies will replace labor with capital goods." Microdata shows that automation is particularly well suited to the automotive, chemical and pharmaceutical industries. This would free up workers to work in other sectors.This is where Grimm sees a need for politicians to create new opportunities for employees through appropriate further training and retraining."Up to now, further training has tended to take place within companies."

With regard to technical progress, which goes hand in hand with investments, it is also important to focus on areas where productivity progress is higher when investments are made.On the other hand, it is very difficult to predict the growth potential of phenomena such as artificial intelligence. A look back shows "that digitalization has not brought that much growth."

Furthermore, Grimm called for a more global approach to the green transformation.Within the EU, the additional production of hydrogen could otherwise drive up the price of electricity. "There are many more countries around the world that can produce hydrogen at favorable conditions and then sell us derivatives than countries that sell fossil fuels." The German economy should take advantage of this competition together with its European partners on its way to the goal of replacing energy-intensive primary products.

Presentation (PDF)