Was die ökonomische Sichtweise in der Coronakrise beiträgt - Webinar mit Prof. Harald Uhlig

Was die ökonomische Sicht in der Coronakrise beitragen kann, erläuterte Prof. Harald Uhlig im IMFS Policy Webinar. Dabei gab er einen Überblick über aktuelle Forschungsarbeiten zur Coronakrise und forderte die Regierung auf, umgehend eine Taskforce aus Experten unterschiedlicher Disziplinen einzurichten.

Um die Herausforderungen der Coronakrise zu bewältigen, hält Prof. Harald Uhlig von der Universität Chicago die Einrichtung einer nationalen Taskforce aus mindestens 50 Experten verschiedener Fachrichtungen für unerlässlich. Was die Volkswirtschaftslehre dazu beitragen kann, erläuterte er in einem IMFS Policy Webinar am 17. April.

Das Webinar ist hier als Video abrufbar.

Uhlig warnte, die momentane Situation könnte sich weiter verschlimmern. Angesichts des wirtschaftlichen Einbruchs, einer möglichen Gefährdung des Bankenssystems, der Überlastung des Gesundheitssystem und letztlich des drohenden Zusammenbruchs der Gesellschaft könne die volkswirtschaftliche Perspektive bei schwierigen Vorhersage- und Allokationsproblemen helfen. „Die Kompetenz der VWL liegt dabei in der Datenanalyse und dem Umgang mit dynamischen Modellen“, sagte Uhlig und gab einen Überblick über neueste Forschungsarbeiten zu COVID19 aus ökonomischer Sicht. 

So haben die Forscher  Jesús Fernandez-Villaverde und Chad Jones auf der Basis eines von Epidemiologen häufig genutzten Modells die Entwicklung der Todeszahlen für Italien bei unterschiedlicher Dauer eines Lockdowns geschätzt. Uhlig selbst ist in einem neu veröffentlichten Forschungspapier der Frage nachgegangen, wie Menschen bei einer Öffnung nach dem Lockdown das eigene Verhalten ändern. Zusammen mit Dirk Krueger von der Universität von Pennsyvania und Taojun Xie von der Universität Singapur kommt er zu dem Schluss, dass Personen, die das Ansteckungsrisiko fürchten, ihr eigenes Verhalten entsprechend anpassen. „Sie essen dann ihre Pizza lieber zuhause als im Restaurant oder schauen sich ein Fußballspiel eher im Fernsehen an als im Stadion“. Diese Verschiebung hin zu Niedrig-Infektionsgütern könne helfen, den Einbruch der Wirtschaft zu verhindern, und führe zu sektoralen Verschiebungen auf dem Arbeitsmarkt. "Dann wechselt der Kellner aus dem Restaurant zum Pizza-Lieferdienst“.

Andere Forscher setzten sich damit auseinander, wie stark die Politik in der Coronakrise eingreifen sollte: Die Ökonomen Fernando Alvarez, David Argente und Francesco Lippi vergleichen in ihren Berechnungen die Zahl der Coronatoten mit dem Ausmaß des Wirtschaftseinbruchs. Michael Greenstone und Visham Nigam von der Universität Chicago haben ausgerechnet, dass der Erhalt des Lebens in den Vereinigten Staaten durch „Social Distancing“ einen Wert von 8.000 Milliarden Dollar hat. Die unterschiedlichen Präferenzen der Menschen standen für die Forscher Andy Glover, Jonathan Heathcote, Dirk Krueger und Victor Rios-Rull im Vordergrund. Sie gingen der Frage nach, wie viel Lockdown die Menschen – abhängig von Alter und Beruf – unterstützen. In einem Forschungspapier der Ökonomen Veronica Guerrieri, Guido Lorenzoni, Ludwig Straub und Ivan Werning stand dagegen die Coronakrise als keynesianischer Angebotsschock im Mittelpunkt.

Uhlig appellierte dringend an die Bundesregierung, die Expertise aus der Volkswirtschaftslehre zu nutzen und gemeinsam mit den Erkenntnissen aus Krankenhäusern, Unternehmen und weiteren wissenschaftlichen Disziplinen in einer Taskforce zu bündeln, die wiederum in weitere Arbeitsgruppen aufgespalten werden sollte.

 

Das Webinar ist hier als Video abrufbar.

Die Präsentation zum Webinar (PDF)

CEPR Discussion Paper 14607 Dirk Krueger, Harald Uhlig, Taojun Xie: "Macroeconomic Dynamics and Reallocation in an Epidemic"