25 Jahre Europäische Zentralbank - Volker Wieland zieht Bilanz (Tagesschau, Tagesthemen, Deutschlandfunk, HR, HR-Info)

Am 1. Juni 1998 nahm die Europäische Zentralbank (EZB) in Frankfurt ihre Tätigkeit auf mit dem Ziel, die Preisstabilität im Euroraum zu wahren. Zum 25-jährigen Jubiläum hat Prof. Volker Wieland in mehreren Fernsehbeiträgen, Rundfunkinterviews sowie Podcasts Bilanz gezogen.

Gestartet, um den europäischen Einigungsprozess mit einer gemeinsamen Währung voranzubringen, verantwortet die EZB Wieland zufolge „eine ganz einzigartige Konstellation, nämlich die Geldpolitik für einen Staatenverbund, wie es sie bislang nicht gegeben hat“. Das habe die Institution bislang „viel besser geschafft, als viele Skeptiker und Kritiker erwartet hatten“, sagte er im Gespräch mit der „Tagesschau“ (ab 10:00 min). Doch in Krisen habe die Notenbank immer wieder als Nothelfer agiert. Nachdem die EZB Staatsschulden von 25 bis 45 Prozent der Gesamtverschuldung einzelner Länder aufgekauft hat, sieht er die Notenbank in einem Dilemma.

Der massive Anstieg der Inflation seit 2021 auf bis zu zweistellige Raten habe die Glaubwürdigkeit der EZB ziemlich angekratzt, sagte Wieland im Interview mit den „Tagesthemen" (ab 23:50 min). Nun müsse die EZB dringend die Inflation unter Kontrolle bekommen und ihre Bilanz reduzieren, um für künftige Krisen gewappnet zu sein, führte er im Gespräch mit NDR-Info aus. Im Börsengespräch mit dem Deutschlandfunk mahnte Wieland die Notenbank, die Zinsen noch weiter zu erhöhen. „Die EZB hat sehr spät reagiert.“ Schon 2021 hätte sie angesichts der Inflationsentwicklung in der zweiten Jahreshälfte mit Zinserhöhungen beginnen, dabei aber langsamer vorgehen können. „Das wäre für das Finanzsystem einfacher geworden“, sagte er.

Vor diesem Hintergrund forderte Wieland die Notenbank in einem Interview bei Tageschau24 (ab 18:55 min) auf, sich auf ihre Hauptaufgabe zu konzentrieren: die Preisstabilität. Bei einer Inflationsrate von fünf oder zehn Prozent könne es nicht sein, dass andere Aufgaben wie etwa Klimapolitik eine Rolle spielten, sagte er. „Die EZB muss den Fokus auf die Preisstabilität legen“, so Wieland.

Mit dem massiven Ankauf von Staatsanleihen und der Einführung neuer Instrumente wie zuletzt dem Kriseninstrument TPI - für Transmission Protection Instrument - im Juli 2022 hat sich die EZB nach Wielands Einschätzung in eine schwierige Situation gebracht. Das TPI ermöglicht der EZB gezielte und unbegrenzte Anleihekäufe einzelner hochverschuldeter Länder. „Diese Staaten wollen, dass die EZB die Zinsaufschläge niedrig hält, doch sie sind eigentlich wichtig, um hochverschuldete Staaten zu disziplinieren“, sagte Wieland im HR-Info-Wirtschaftspodcast (ab 11:30 min). „Damit hat sich die EZB selbst großem Druck durch die Mitgliedstaaten ausgesetzt.“ Die politische Unabhängigkeit der EZB ist ein Eckpfeiler des Währungssystems des Euroraums und soll die Notenbank vor politischer Einflussnahme schützen. Es sei es außerdem wichtig, „dass sie die Mitgliedstaaten drängt, für tragfähige Finanzen zu sorgen“, sagte Wieland. Die Fiskalregeln, die derzeit ausgesetzt sind, müssten wieder aktiviert werden, forderte er im HR-Podcast „Der Tag". „Denn das ist es, was die Unabhängigkeit der EZB schützt.“

Seit 2004 organisiert Wieland die Konferenz "The ECB and Its Watchers". Im HR-Podcast „Der Tag" erläuterte er (ab 15:45 min), worin die Besonderheit der Veranstaltung besteht, bei der Vertreter der EZB und weiterer Notenbanken, Finanzmarktteilnehmer und Wissenschaftler über aktuelle geldpolitische Fragen diskutieren. "Es ist sehr bemerkenswert, dass sich die EZB mit Kritikern aus der Finanzwelt und der Wissenschaft vor den Augen und Ohren von Journalisten duelliert, diskutiert und debattiert", fasste Wieland das Ziel der Veranstaltung, die 1999 vom damaligen EZB-Chefvolkswirt Otmar Issing zusammen mit Axel Weber ins Leben gerufen wurde, auch im HR-Info-Wirtschaftspodcast zusammen. In ihrer Kommunikation nehme die EZB hier eine Vorreiterrolle unter den Notenbanken ein.

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