1. DVFA Geldpolitik-Forum
31.10.2019
Casino 1.801
Campus Westend
Goethe-Universität Frankfurt
Zusammenfassung
Am Tag vor dem Amtsantritt von Christine Lagarde als Präsidentin der Europäischen Zentralbank (EZB) stand die Geldpolitik im Euroraum im Mittelpunkt eines gemeinsam mit dem IMFS veranstalteten DVFA-Forums. In seiner Eröffnungsrede plädierte Ludger Schuknecht, stellvertretender Generalsekretär der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, dafür, die Geldpolitiker zu entlasten und Vertrauen zu schaffen. In einer Situation, in der die Überalterung das Wachstum, die Ersparnisse und die öffentlichen Finanzen belasten wird, die Banken die größten Inhaber von Staatsschulden sind und die Schuldenquote nach der Finanzkrise immer noch hoch ist, rief Schuknecht dazu auf, „das Stabilitätsdreieck zu stärken“. Seiner Ansicht nach bedeutet dies die Umsetzung von Strukturreformen, den Wiederaufbau von Haushaltspuffern und den Abbau von regulatorischen Privilegien.
Mit Blick auf die Inflationsentwicklung in der Eurozone sprach sich Jörg Krämer von der Commerzbank für eine „Geldpolitik der umfassenden Stabilisierung“ aus, um Preis- und Finanzstabilität zu gewährleisten. Seiner Meinung nach könnte dies eine dämpfende Wirkung auf den Finanzzyklus haben und „eine Abkehr von Boom-Bust-Zyklen“ bewirken. Im ersten Panel zur EZB-Strategie, das von Ingo Mainert von Allianz Global Investors geleitet wurde, forderte Volker Wieland, IMFS, eine stärker regelorientierte Geldpolitik. Unter Verweis auf den Monetary Policy Report der Federal Reserve zeigte er auf, wie Zentralbanken geldpolitische Regeln wie die Taylor-Regel in ihre Strategie integrieren. Außerdem forderte er die EZB auf, „mehr und breitere Inflationsmaße zu berücksichtigen“ und sich nicht nur auf den HVPI zu konzentrieren. Krämer hingegen schlug ein Inflationsziel zwischen 1,25 und 2,25 Prozent vor. Seiner Ansicht nach ist eine niedrige Inflation nicht schädlich. Gunter Schnabl von der Universität Leipzig plädierte dafür, statt der Inflation die Vermögenspreise stärker zu berücksichtigen.
In einem Panel zur Unabhängigkeit der EZB als supranationale Institution kritisierten die Rechtsexperten Markus Kerber von der TU Berlin und Christoph Degenhart von der Universität Leipzig die Rechtsprechung des EuGH zu den Anleihekäufen der EZB. Wieland wies darauf hin, dass sich das Bundesverfassungsgericht noch mit dem PSPP-Programm der EZB befasse. „QE ist ein reguläres geldpolitisches Instrument“, sagte er und argumentierte, dass das Gericht nun klären müsse, ob QE verhältnismäßig sei.
In weiteren Beiträgen warnte Frank Engels, Union Investment, vor einer zunehmenden Japanisierung des Euroraums, und Ulrich Bindseil von der EZB erläuterte, wie die EZB Gleichgewichtszinsen in ihrer Geldpolitik einsetzt.
Programm
08:15 - 09:00 |
Ankunft/Anmeldung |
09:00 - 09:15 |
Begrüßung und Eröffnung Ingo R. Mainert, Allianz Global Investors, CIO Multi Asset Europe, stv. Vorstandsvorsitzender DVFA e.V., stv. Leiter DVFA Grußwort Prof. Dr. Bernd Rudolph, LMU München |
09:15 - 09:45 |
Eröffnungsrede “Geldpolitik im Lichte struktureller und fiskalischer Herausforderungen" |
09:45 - 10:15 |
Impulsvortrag “Preisniveausteuerung als Alternative” “Diskretionäre Entscheidungen versus Regelorientierung” |
10:15 - 11:00 |
Podiumsdiskussion Dr. Jörg Krämer, Commerzbank AG, Chefvolkswirt Prof. Volker Wieland, Ph.D., Goethe-Universität Frankfurt, Geschäftsführender Direktor Institute for Monetary and Financial Stability (IMFS); Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung Prof. Dr. Gunther Schnabl, Universität Leipzig, Institut für Wirtschaftspolitik, Leiter Moderation: Ingo R. Mainert | Allianz Global Investors, CIO Multi Asset Europe, stv. Vorstandsvorsitzender DVFA e.V., stv. Leiter DVFA Kommission Geldpolitik |
11:00 - 11:30 |
Kaffeepause |
11:30 - 11:45 |
Impulsvortrag “Unabhängigkeit oder grenzenlose Macht?” |
11:45 - 12:30 |
Podiumsdiskussion Prof. Dr. Christoph Degenhart, Universität Leipzig, Lehrstuhl für Staats- und Verwaltungsrecht sowie Medienrecht Prof. Dr. Stefan Homburg, StB, Leibniz Universität Hannover, Institut für Öffentliche Finanzen Stefan Schneider, Deutsche Bank AG, Chefökonom Deutschland Moderation: Prof. Dr. Markus C. Kerber, Technische Universität Berlin, Mitglied DVFA Kommission Geldpolitik |
12:30 - 13:00 |
Fragerunde für den Vormittag Moderation: Ingo R. Mainert, Allianz Global Investors, CIO Multi Asset Europe, stv. Vorstandsvorsitzender DVFA e.V., stv. Leiter DVFA Kommission Geldpolitik |
13:00 - 14:00 |
Mittagessen |
14:00 |
Impulsvortrag "Japanisierung der Eurozone?" |
14:15 - 15:00 |
Podiumsdiskussion Prof. Dr. Ulrich Bindseil, EZB, Leiter Market Operations Dr. Jan Holthusen, DZ BANK, Leiter Fixed Income Research Dr. Ludger Schuknecht, Organisation for Economic Co-operation and Development (OECD), Deputy Secretary General Moderation: Dr. Frank Engels, Union Investment Privatfonds, Managing Director, CIO, Vorstandsmitglied DVFA e.V., Mitglied DVFA Kommission Geldpolitik |
15:00 - 15:30 |
Kaffeepause |
15:30 - 15:45 |
Impulsvortrag “Geldpolitik und Finanzstabilität – zwei Seiten einer Medaille?” |
15:45 - 16:45 |
Podiumsdiskussion Mathias Drehmann, Bank for International Settlements (BIS), Head of Emerging Markets, Monetary and Economic Department Prof. Dr. Helmut Gründl, ICIR - International Center for Insurance Regulation, Managing Director Dr. Benjamin Weigert, Deutsche Bundesbank, Leiter des Zentralbereichs Finanzstabilität Moderation: Uwe Burkert, LBBW, Chefvolkswirt, Leiter Research, Mitglied DVFA Kommission Geldpolitik & Dr. Klaus |
16:45 - 17:30 |
Fragerunde für den Nachmittag Moderation: Ingo R. Mainert, Allianz Global Investors, CIO Multi Asset Europe, stv. Vorstandsvorsitzender DVFA e.V., stv. Leiter DVFA Kommission Geldpolitik |
17:30 - 18:00 |
Fazit Ingo R. Mainert, Allianz Global Investors, CIO Multi Asset Europe, stv. Vorstandsvorsitzender DVFA e.V., stv. Leiter DVFA Kommission Geldpolitik Dr. Frank Engels, Union Investment Privatfonds, Managing Director, CIO, Vorstandsmitglied DVFA e.V., Mitglied DVFA |
18:00 - 18:30 |
Abschlussvortrag "Alternative zum Negativzins – Neo-Fisher-Effekt" |