Volker Wieland sieht noch mehrere große EZB-Zinsschritte als angebracht (Börsen-Zeitung, FAZ)

Vor der nächsten geldpolitischen Sitzung der Europäischen Zentralbank (EZB) rechnen zahlreiche Ökonomen und Analysten mit einem weiteren großen Zinsschritt um 75 Basispunkte. Nach Einschätzung von Volker Wieland ist das längst nicht ausreichend. "Die EZB wird noch mehrere größere Zinserhöhungen umsetzen müssen", sagte er im Interview mit der Börsen-Zeitung. Wie die Geldpolitik der EZB in den vergangenen Monaten hätte aussehen können und wo wir heute stünden, erläutert Volker Wieland im Interview mit der Frankfurter Allgemeine Zeitung (FAZ).

Hätte die EZB bereits 2021 frühzeitig das Anleihekaufprogramm beendet und über den Sommer 2021 die Zinsen zum ersten Mal erhöht, "dann wäre sie ein Jahr früher dran gewesen als jetzt - und hätte schon heute eine deutliche Wirkung der Geldpolitik auf die Inflation". Die EZB habe noch mehrere große Zinsschritte vor sich, ist Wieland überzeugt.

Die reale Verzinsung sei bei aktuell 0,75 % Einlagenzins und 9,9 % Inflation tief negativ und bleibe angesichts hoher Inflationserwartungen noch länger so. Er erwarte nicht, dass die Rezession das Inflationsproblem sozusagen von selbst löst. Die EZB-Inflationsprognose für 2024 hält Wieland für zu optimistisch.

Da Zinserhöhungen nach empirischen Schätzungen den maximalen Effekt auf die Inflationsrate nach vier bis sechs Quartalen entfalteten, sei es immer besser, möglichst frühzeitig auf zunehmende Inflationsrisiken zu reagieren. "Hätte die EZB die Zinswende im Sommer oder Herbst 2021 eingeleitet, hätte dies nun schon deutliche Auswirkungen", so Wieland.

Börsen-Zeitung: "Das stärkt nicht gerade das Vertrauen in die EZB" (€)

FAZ: "Warum die EZB die Zinsen so spät angehoben hat" (€)