Volker Wieland warnt vor Gefahren der Niedrigzinsen ("Spiegel Online")

Nach der Leitzinssenkung der Europäischen Zentralbank Anfang Juni und der gleichzeitigen Ankündigung eines Maßnahmenpakets warnt Prof. Volker Wieland im Interview mit "Spiegel Online" vor Spekulationsblasen und zweifelt an der Macht von EZB-Präsident Mario Draghi.

Spiegel Online: Die EZB hat nicht nur den Leitzins gesenkt, zu dem sich Banken bei ihr Geld leihen, sie verlangt nun sogar eine Art Strafzins, wenn die Finanzinstitute Geld über Nacht bei ihr parken. Der Sparkassenpräsident spricht bereits von Enteignung.

Wieland: Eine Enteignung ist das nicht. Keine Bank wird gezwungen, ihr Geld bei der EZB zu parken. Sie kann es ja auch weiterverleihen. Und sie muss sich auch vorher gar nicht so viel bei der Notenbank leihen, dass sie es dann wieder dort parken muss.

Spiegel Online: Ist der Negativzins denn sinnvoll, um die Banken zur stärkeren Kreditvergabe zu animieren?

Volker Wieland: Wenn die Lage es erfordert, ist es in Ordnung, einen negativen Einlagezins zu setzen. Ich sehe zurzeit aber nicht die Notwendigkeit. Und selbst wenn man den Negativzins mal ausprobieren wollte, ist die Lage nicht so dramatisch, dass zudem noch ein langfristiges Liquiditätsprogramm angekündigt werden musste. Man sollte die niedrigen Zinsen erst einmal wirken lassen.

Spiegel Online: Aber die Zinsen sind doch schon lange niedrig - und trotzdem bleibt die Kreditvergabe an Unternehmen rückläufig. So können die Staaten in Südeuropa nicht aus der Krise kommen.

Volker Wieland: Die Kreditvergabe wird von verschiedenen Faktoren getrieben. Die Nachfrage nach Krediten hängt längst nicht nur von der Höhe der Leitzinsen ab. Entscheidend sind auch die Ertragsaussichten der Unternehmen, die damit neue Investitionen finanzieren wollen. Und für wie kreditwürdig die Bank diese Unternehmen hält. Das ist wie mit dem Wetter: Wenn es mal wieder einen heißen Tag gibt, ist dies auch nicht zwangsläufig eine Folge des steigenden CO2-Ausstoßes. Es kann auch einfach daran liegen, dass gerade Sommer ist.

Das Gespräch führte Stefan Kaiser.
Das vollständige Interview lesen Sie bei Spiegel Online.