Stabilitätsbeirat warnt vor Aushöhlung der Schuldenbremse

Als Mitglied im Beirat des Stabilitätsrats hat Prof. Volker Wieland vor einer Aushöhlung der Schuldenbremse gewarnt. In einer Stellungnahme kritisierte der unabhängige Beirat, dass die Ausnahmeklausel aufgrund der Corona-Pandemie auch für 2022 gelten soll und die Schuldenbremse damit außer Kraft gesetzt werde. Aus Sicht des Beirats besteht dazu keine Notwendigkeit. Zudem bezweifelt der Beirat, dass die Ampelkoalition die Vorgaben zum strukturellen Defizit 2024 wieder einhalten kann.

Der Stabilitätsrat ist der Ansicht, das für das Jahr 2022 wieder eine außergewöhnliche Notsituation festgestellt werden kann. Der Beirat sieht dazu keine Veranlassung. Auch die jüngste Prognose der Europäischen Kommission zeige für das Jahr 2022 einen kräftigen Aufschwung, heißt es in der Stellungnahme. "Für das kommende Jahr sind in der Projektion kaum Corona-Maßnahmen enthalten und die Bundesregierung sieht eine starke Erholung. Die Output-Lücke soll sich im kommenden Jahr schließen", kritisierte der Vorsitzende des Beirats, Prof. Thiess Büttner, via Twitter.

Im Jahr 2024 soll laut Stabiltätsrat dann das europäische mittelfristige Haushaltsziel - ein gesamtstaatliches strukturelles Defizit von maximal 0,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP) - wieder eingehalten werden. Auch dies stellt der Beirat infrage. Die neue Bundesregierung habe umfangreiche Maßnahmen angekündigt, die den Ausblick wesentlich veränderten, moniert der Beirat. Er geht daher davon aus, dass die Defizitquote zumindest ab dem Jahr 2023 deutlich höher liegen werde. "Insbesondere erscheint es zweifelhaft, dass die 0,5Prozent-Grenze im Jahr 2024 wieder eingehalten wird", heißt es.

Zudem warnt der Beirat vor Maßnahmen, um die Schuldenbremse zu umgehen. Im Koalitionsvertrag setze sich die neue Bundesregierung zwar zum Ziel, die reguläre Obergrenze der Schuldenbremse ab dem Jahr 2023 einzuhalten. Offenbar sollten dafür aber Anwendungsgrundsätze geändert werden, um die Finanzierungsspielräume dennoch erheblich zu erweitern. "Damit droht, dass die Schuldenbremse faktisch ausgehöhlt und ihre Bindungswirkung geschwächt wird." Es widerspreche der Intention der Schuldenbremse und berge erhebliche verfassungsrechtliche Risiken, die derzeit geltende Ausnahmeklausel dafür zu nutzen, nicht krisenbezogene Maßnahmen zu finanzieren oder vorzufinanzieren, warnt der Beirat und wendet sich gegen eine Übertragung staatlicher Aufgaben auf öffentliche Unternehmen, mit dem Ziel, die Schuldenbremse zu umgehen. 

Der Stabilitätsrat überwacht gemäß Artikel 109a Grundgesetz regelmäßig die Haushalte des Bundes und der Länder. Er stellt fest, ob eine Haushaltsnotlage droht und vereinbart dann mit der betroffenen Gebietskörperschaft ein Sanierungsprogramm. Darüber hinaus überwacht er, ob Deutschland die nach den Vorgaben des Fiskalvertrags und des Stabilitäts- und Wachstumspakts zulässige Obergrenze des strukturellen Finanzierungsdefizits von 0,5 Prozent des Bruttoinlandprodukts einhält und empfiehlt Bund und Ländern nötigenfalls geeignete Konsolidierungsmaßnahmen. Vorsitzende des Stabilitätsrats sind Lutz Lienenkämper als Vorsitzender der Finanzministerkonferenz und Bundesfinanzminister Christian Lindner.

Der Beirat unterstützt als unabhängiges Sachverständigengremium den Stabilitätsrat auf Grundlage von § 7 Stabilitätsratsgesetz dabei, die Einhaltung der im Haushaltsgrundsätzegesetz festgelegten Obergrenze des gesamtstaatlichen streukturellen Finanzierungsdefizits zu überwachen und beurteilt die Empfehlungen des Beirats. 

Stellungnahme des Beirats des Stabiltätsrats: 17. Stellungnahme vom 7. Dezember 2021

Medienberichte zur Stellungnahme:
Reuters: "Stabilitätsrat erwartet ab 2024 wieder normale Finanzen in Deutschland"
FAZ: "Lindner startet mit heikler Mission"