Volker Wieland: "Drohender Lieferstopp für russisches Gas: Keine Zeit für ideologische Vorbehalte" (Münchner Merkur)

Angesichts des drohenden Lieferstopps für russisches Gas muss die Bundesregierung die geplante Abschaltung der AKWs aussetzen und den Kohleausstieg verschieben, schreibt Prof. Volker Wieland in einem Gastbeitrag für den "Münchner Merkur".

Spätestens jetzt müsse Deutschland alle Hebel in Bewegung setzen, um schnellstmöglich von russischen Energieimporten unabhängig zu werden, und somit einigermaßen gut durch die nächsten Winter zu kommen, sagt Wieland. Die Regierung müsse die Bürger darauf vorbereiten, dass das alle treffe und hart werde.

Er fordert daher ein Maßnahmenpaket, um das Energieangebot zu verbessern. "Zuallererst gilt es Fehler zu vermeiden, wie die drei noch betriebenen Kernkraftwerke Isar 2, Emsland und Neckarwestheim 2 (immerhin 4300 MW) zum Ende des Jahres mitten im Winter abzuschalten." Eine klare Perspektive für eine mehrjährige Verlängerung müsse her. Das gelte auch für die drei zum Ende des letzten Jahres abgeschalteten Werke. 

Das Gleiche gelte für den Kohleausstieg. Er müsse verschoben und insbesondere Kraftwerke zur Verstromung von Braunkohle aus der Reserve geholt werden. Dabei zieht er auch Fracking in Erwägung.

"All diese Maßnahmen können das Angebot erhöhen, und damit den inflationstreibenden Effekt der Energiepreise reduzieren."

Die Regierung solle alles tun, um für Ersatz für russische Gaslieferungen zu sorgen, forderte Wieland. Die Inflation zu kontrollieren sei der Job der EZB. "Selbst wenn sie den Notenbankzins von -0,5 Prozent auf +1 Prozent erhöhen würde, wäre die reale Verzinsung im nächsten Jahr, bei einer erwarteten Inflationsrate von mehr als drei Prozent, immer noch negativ". Die Geldpolitik wäre dann immer noch sehr expansiv. Für Wieland "auch hier höchste Zeit zu handeln".

Münchner Merkur: "Drohender Lieferstopp für russisches Gas: Keine Zeit für ideologische Vorbehalte"