Während sich die USA nach der Finanzkrise weiter erholen und trotz geringen Wachstums auf sinkende Arbeitslosenzahlen verweisen können, befindet sich die Eurozone weiterhin in der Rezession. Die Inflation ist auf beiden Seiten des Atlantiks niedrig, und der Leitzins nahe Null. Welche geldpolitischen Maßnahmen können Notenbanken in einer solchen Situation noch ergreifen, um die wirtschaftliche Situation zu verbessern?
James Bullard, Präsident und CEO der Federal Reserve Bank von St. Louis, diskutierte am Dienstag, den 21. Mai, mögliche Vorgehensweisen der Geldpolitik. Der Notenbanker sprach sich im Rahmen der IMFS Distinguished Lecture, die er auf Einladung des Institute for Monetary and Financial Stability (IMFS) und des U.S. Generalkonsulats Frankfurt hielt, für eine quantitative Lockerung der Geldpolitik, also Anleiheankäufe durch Notenbanken, aus.
Bullard stellte die verschiedenen geldpolitischen Optionen vor, die Notenbanken in einem Niedrigzinsumfeld wie derzeit ergreifen können: 1) Nichts tun, den Leitzins über längere Zeit nahe Null halten und abwarten. Dies könne zu einem Abrutschen in die Deflation führen, warnte Bullard. 2) So genannte „forward guidance“ durch Ankündigung zukünftiger geldpolitischer Maßnahmen, wie zum Beispiel die Zinsen auch bei Anzeichen einer Konjunkturerholung zunächst niedrig zu halten. Auch dieses Vorgehen sah das einflussreiche Fed-Mitglied als problematisch an, da die Ankündigung glaubwürdig sein müsse, um den privaten Sektor zu höherem Konsum und mehr Investitionen zu verleiten. Ansonsten seien keine wirklichen Effekte zu erwarten. Im Gegenteil könne die Ankündigung sogar ein negatives Signal aussenden, da die Notenbank indirekt mitteile, dass sie in den nächsten Jahren keine Verbesserung der Situation erwarte. 3) Banken negative Zinsen, bzw. Gutschriften auf Einlagen gewähren oder 4) eine sogenannte „Twist“ Operation durchführen: kurzlaufende Staatsanleihen in Anleihen mit längeren Laufzeiten „umtauschen“. Auch die letzten beiden Optionen verwarf Bullard als wenig effektiv.
Als Option mit den besten Erfolgsaussichten und den geringsten Nebenwirkungen kürte Bullard somit das sogenannte „Quantitative Easing“ oder QE: “Eine quantitative Lockerung kommt der konventionellen Währungspolitik am nächsten, umfasst klare Maßnahmen und hat seine Effektivität bereits bewiesen.“ Die US-Notenbank sollte deshalb ihre bisherigen Anleiheankäufe fortsetzen. Die Menge der Ankäufe sollte sich dabei nach der wirtschaftlichen Entwicklung sowie der Inflationsrate richten.
Der Eurozone empfiehlt Bullard ein QE-Programm mit BIP-gewichteten Anleihekäufen: Die EZB sollte von allen Euro-Ländern Staatsanleihen kaufen je nach deren Anteil am gesamten Euroland-BIP. Damit könne sie deflationären Tendenzen entgegenwirken und zugleich dem Vorwurf entgehen, sie kaufe Staatsanleihen, um hoch verschuldete Länder zu unterstützen.