Sind die Zinsen zu niedrig? ("Handelsblatt")

Zahlreiche Ökonomen sehen die Geldpolitik der Europäischen Zentralbank (EZB) als zu expansiv an. Auch Zinsregeln wie die Taylor-Regel oder die von Athanasios Orphanides und Volker Wieland entwickelte Regel deuten darauf hin, dass der Leitzins im Euroraum höher liegen müsste.

"Die Empfehlungen der Taylor-Regel sind deutliche Warnsignale", sagte Wieland gegenüber dem "Handelsblatt". Seiner Ansicht nach hätte die EZB die Zinsen bereits erhöhen können. Das Argument, dass man noch 0,3 oder 0,4 Prozentpunkte vom Inflationsziel entfernt sei, gelte nicht. Wieland hält eine proportionale Reaktion der EZB für angemessen, um ein späteres Überschießen zu verhindern, da sich bereits bedeutende Risiken für die Finanzstabilität bei Immobilien und in Bankbilanzen aufgebaut hätten.

Neben der Taylor-Regel zeigt auch die Regel von Orphanides und Wieland Abweichungen in der Geldpolitik an. Sie verknüpft Änderungen des EZB-Leitzinses mit Abweichungen der Inflationsprognose vom Inflationsziel und Abweichungen der Prognose für da Wirtschaftswachstum vom maximalen Produktionspotenzial, ohne den umstrittenen Gleichgewichtszins berücksichtigen zu müssen.

Handelsblatt: "Die Euro-Krise ist vorbei - doch die EZB verweigert die Zinserhöhung"

Orphanides-Wieland-Regel:
Athanasios Orphanides und Volker Wieland: Complexity and Monetary Policy, IMFS Working Paper 57 (PDF)